Was ist eigentlich
Karriere?
Eine Frage, viele Antworten. Die Vorstellung von
„Karriere“ hat sich in den letzten Jahren nicht nur
gewandelt, sie fällt auch innerhalb der Generationen für jede*n unterschiedlich aus – von A wie Aufstieg im Unternehmen bis Z wie Zufriedenheit im Job.
Mag.a Michaela Unger, Geschäftsführerin des Career Center der TU Wien, und ihr Team aus HR-Expertinnen erklären, warum das gut ist und du dich nicht
an den Erfolgen anderer messen solltest.
Eigentlich ist es ganz einfach: Das Wort Karriere kommt aus dem Französischen. „Carrière“ bedeutet so viel wie „Lebenslauf, Laufbahn, Rennbahn“. Basierend darauf beschreibt der Ausdruck also erst einmal völlig neutral die berufliche Laufbahn eines Menschen. Doch was jede*r Einzelne unter dem Begriff versteht, ist höchst individuell.
Karriere ist nicht gleich Karriere
Es ist weit verbreitet, dass das Wort „Karriere“ automatisch mit einer steilen Aufstiegsleiter in einem Unternehmen assoziiert wird. Allerdings ist Karriere nicht gleich Karriere. Jeder Mensch hat eigene Vorstellungen, Ziele und Wünsche, was eine erfolgreiche Karriere für ihn bedeutet. Für die einen bedeutet Karriere vor allem finanzieller Erfolg und die Übernahme von Führungspositionen. Andere sehen Karriere als Möglichkeit zur Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentfaltung und legen weniger Wert auf die Hierarchie innerhalb eines Unternehmens.
„Letztendlich ist es wichtig zu verstehen, dass es keinen einheitlichen Karriereweg gibt. Du solltest dir über deine eigenen Wünsche und Ziele im Klaren sein und deine Karriere danach ausrichten, um wirklich zufrieden und erfolgreich zu sein“, sagt Michaela Unger, Geschäftsführerin des TU Career Center, das genau dazu spannende Lehrveranstaltungen, Workshops und Events anbietet. „Eine Karriere, die zu dir passt, kann viel Freude und Erfüllung bringen und einen erfolgreichen Verlauf nehmen.“
Eine Karriere, die zu dir passt, kann viel Freude und Erfüllung bringen und einen erfolgreichen Verlauf nehmen“,
sagt Mag.a Michaela Unger, Geschäftsführerin des Career Center
der TU Wien
Foto: © Patricia Koppenberger
Sinn statt Kohle
In einer speziell an der TU Wien durchgeführten Jugendstudie (siehe auch Seite 14) zeichnet sich bereits ein Umdenken ab. Auch an der TU Wien hat die Generation Z mittlerweile ein ganz eigenes Verständnis von Karriere und Arbeit für sich definiert. Im Gegensatz zu früheren Generationen legt sie bereits besonderen Wert auf Work-Life-Balance, Selbstverwirklichung und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit.
„Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bedeutung und Relevanz ihrer Arbeit. Heute reicht ein Job, der ein gutes Einkommen sichert, nicht mehr, sondern die Arbeit soll Sinn geben und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. Auch die Möglichkeit zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung ist von großer Bedeutung“, führt Unger weiter aus.
Ein offenes und inklusives Arbeitsumfeld, in dem alle Mitarbeiter*innen ihre Meinungen und Ideen frei äußern können, ist ebenfalls für viele in der Generation Z eine Voraussetzung bei der Jobwahl. Sie legen sehr viel Wert auf eine offene Kommunikation und eine faire Behandlung aller Mitarbeiter*innen.
Unger begrüßt: „Ich finde es toll, dass die jungen Menschen bei der Wahl ihrer Karriere nach einer ausgewogenen Kombination aus finanzieller Sicherheit, Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung sowie einem guten Arbeitsumfeld suchen. So wird auch ein Umdenken und eine Weiterentwicklung am Arbeitsmarkt und bei den Arbeitgeber*innen möglich.“
6 Tipps für DEINE Karriere
Wie findest du aber nun „deine“ Definition von Karriere? Wie kannst du deinen beruflichen Werdegang am besten gestalten? Was solltest du tun und was lassen, um Karriere zu „machen“? Die Expertinnen des TU Career Center geben Tipps.
Tipp 1:
Folge keinem Langzeitplan, sondern deinen Interessen
Julia Stift ist der Meinung, dass sich Karriereziele im Laufe der Zeit noch ändern können und manchmal sogar müssen: „Eine ungefähre Vorstellung von den eigenen Zielen und Wünschen macht definitiv Sinn – auch wenn ich nicht glaube, dass es einen fixen Plan für die nächsten 40 Jahre braucht.“ Und es kann sich in den kommenden Jahren noch viel tun in deinem Leben, am Arbeitsmarkt und in der Welt. „Deshalb würde ich Studierenden dazu raten, offen und flexibel zu bleiben. Wenn du deine eigenen Bedürfnisse und Interessen kennst, kannst du gut auf Veränderungen und Chancen reagieren“, sagt Stift.
Mit individuellen Coachings und Potenzialanalysen unterstützen dich die Expertinnen des TU Career Center dabei, herauszufinden, in welche Richtung die ersten Schritte auf deinem beruflichen Weg gehen können und wie und wo du deine Stärken, (Soft) Skills, Talente und Expertise einsetzen kannst, die du im Studium ausgebaut hast.
Tipp 2:
Finde heraus, was dich motiviert
Ist die Richtung gefunden, braucht es Motivation, um den Weg auch zu gehen. Für jüngere Generationen hat Karriere viel mit Sinn zu tun. Und fragt man Studierende, geben die meisten auch an, dass es ihnen wichtig ist, später einen Job auszuüben, der Spaß macht. Hedonismus pur? Nein, ganz im Gegenteil! „Die jungen Menschen heutzutage stellen sich die Sinnfrage viel mehr als noch vor 20 Jahren. Sie hinterfragen ganz genau, welche Auswirkungen ihr Tun hat“, so Daniela Mühlbacher. Sie wollen sich daher auch mit den Werten des Unternehmens identifizieren können, für das sie tätig werden. Ein Unternehmen, das den Mitarbeiter*innen viel zahlt, aber gleichzeitig der Umwelt oder anderen Menschen schadet, sei weniger attraktiv.
Spaß, Sinn, Herausforderung, Flexibilität, Weiterentwicklung, Work-Life-Balance, Gehalt, Fringe Benefits, Eigenverantwortung, vielleicht sogar Selbstständigkeit: Es gibt viele verschiedene Motivatoren, die jede*r für sich selbst herausfinden muss. Dabei kommt es auch auf die individuellen Werte und das Umfeld an, in dem man aufgewachsen ist.
„Für mich bedeutet Karriere machen das zu tun, was Freude und Bedeu-
tung bringt. Sehr oft bin ich nach dem Arbeitstag voller Energie, obwohl
körperlich müde. Für manche ist Karriere, Top-Expert*in im eigenen
Bereich zu sein, für jemand anderen ist es, in die Führung zu kommen.
Wenn man am Ende des Tages spürt, mit der eigenen Arbeit eine wertvolle, positive Veränderung geschaffen zu haben, dann hat man nicht nur einen Job, sondern eine Karriere.“
Nina Avramovic Trninic,
Head of Department Railway Technology im
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation & Technologie (BMK)
Foto: © Interfoto
„Karriere ist für mich das Streben nach einem Job, in dem ich glücklich
bin und mich entfalten kann. Dies schließt auch die fortwährende Mitgestaltung und Verbesserung der Arbeitssituation für mich und meine Mitarbeiter*innen mit ein. Ich möchte etwas Positives bewirken und anderen ein Vorbild sein, daher ist Karriere für mich kein abstrakter Begriff, sondern schlichtweg ein Teil meines Lebens und meines Alltags. Und das ist für mich gut so!“
Dr.in Sandra Müller,
Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie
Foto: © FWF, Luzia Piui
„Der Begriff Karriere wird oft mit Geld, Macht und Verantwortung
in Verbindung gebracht. Doch was wollen wir im Leben wirklich?
Für mich bedeutet Karriere, einen Weg zu gehen, auf dem mein Beruf
sich mit mir entwickelt. Ich will meine Kompetenzen erweitern,
sozial und mental wachsen können. Mit fortschreitendem Berufsleben
wünsche ich mir zudem Freiheitsgewinn, der es mir ermöglicht, ohne
große hierarchische Hürden nach meinen Grundsätzen und meiner
Erfahrung zu handeln und etwas weiterzugeben.“
Miriam Singer,
studiert Technische Chemie
Tipp 3:
„Work-Life-Balance“? Hauptsache ausgewogen!
Work-Life-Balance als Begriff würde ja eine eigene Diskussion verdienen – aber jede*r kann sich darunter etwas vorstellen, egal, wie die eigene Einstellung zum Begriff an sich ist. „Im Kontakt mit den Studierenden
erleben wir, dass diese mehr Wert auf einen guten Tagesablauf inklusive Zeit für sich, Zeit für Freund*innen oder Familie oder Zeit für Hobbys und
Sport legen“, erzählt Lisa Bockberger. Das sollte auch in deiner Karriereplanung Platz haben
– zumindest als Fragestellung: Wo findest du deinen Ausgleich zum Job? „Auf einen guten Ausgleichzu achten, muss übrigens nicht heißen, dass du nie Karriere machen kannst. Im Gegenteil: Der Ausgleich bietet die Basis für eine konstante Performance, Leistungssteigerung und Zufriedenheit. Und daran hat auch dein*e Arbeitgeber*in Interesse“, so Bockberger weiter.
Welche Unternehmenskultur in einer Firma gelebt wird und ob sie zu deinen Motivatoren passt, kannst du zum Beispiel im Rahmen von zahlreichen TUCareer-Center-Formaten wie der karriere.zeit, dem talente.programm oder dem talente.praktikum herausfinden,
bei denen du hinter die Kulissen potenzieller Arbeitgeber*innen blicken kannst.
Tipp 4:
Nutze den Fachkräftemangel als Chance
Der demografische Wandel, der zu einer Verknappung von Fachkräften führt, spiele der jüngeren Generationen in die Hände, so Lisa Bockberger. Besonders Absolvent*innen technischer und naturwissenschaftlicher
Studiengänge können es sich leisten, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu artikulieren und
auch Ansprüche zu stellen, meint Lisa Bockberger. Für Arbeitgeber*innen ist es wichtig, entsprechend zu reagieren. Es müsse mehr geben als den obligatorischen Obstkorb oder einen Tag Homeoffice in der Woche, um den Bedürfnissen der jungen Generationen
gerecht zu werden. Im Rahmen der interaktiven Workshops des TU Career
Center erarbeitest du dir, was dir neben einem guten Gehalt noch wichtig ist und worauf du in (Gehalts-) Verhandlungen achten solltest.
„Karriere ist für mich eigentlich ein Unwort, weil es meist nur mit hierarchischem
Aufstieg und mehr Gehalt in Verbindung gebracht wird.
Was ich eigentlich mit Karriere verbinden möchte, ist einerseits die persönliche und fachliche Entwicklung und andererseits die Wertschätzung und Anerkennung im Arbeitsumfeld bzw. der Fach-Community.
Die „Karriereleiter“ lehnt für mich deshalb quasi an der eigenen Bedürfnispyramide: Sie zu erklimmen bedeutet, sich im beruflichen Sinn zu verwirklichen und damit ein ganz hohes menschliches Bedürfnis zu befriedigen.“
DI Dr Hubert Mitterhofer,
Business Area Manager bei LCM
(Linz Center of Mechatronics GmbH)
Foto: © LCM
„Für mich ist Karriere Entwicklung und Fortschritt im Berufsleben, mit dem Ziel, finanzielle Sicherheit und persönliche Zufriedenheit zu erreichen. Eine Karriere, die sich auf die Verbesserung der Umwelt ausrichtet, wäre für mich besonders erfüllend, da sie nicht nur den persönlichen Erfolg, sondern
auch einen positiven Beitrag für die Gesellschaft und die Welt
im Allgemeinen darstellt.“
Thomas Ehrnleitner,
Student des Umweltingenieurwesens
Foto: © Privat
Tipp 5:
Verabschiede dich vom Bild der Karriereleiter in einem einzigen Unternehmen
Junge Menschen können sich die Rahmenbedingungen ihrer Karriere zu einem großen Teil selbst schaffen, sagt Julia Stift. Denn: Den perfekten Job gibt es nicht. „Beim Warten auf den vermeintlich perfekten Job vergeht nur wertvolle Zeit. Lieber ins Tun kommen und Erfahrungen sammeln. Mein Tipp lautet daher: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren. Wenn man dann draufkommt, dass es doch nicht passt, gibt es immer noch die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln“, erklärt Stift.
Das Bild der Karriereleiter, die Stufe für Stufe erklommen wurde, prägte lange unsere Vorstellung von einer „erfolgreichen“ Karriere. Diese wurde früher – in der Generation X oder bei den Babyboomern – in einem Unternehmen gemacht. Absolvent*innen begannen mit einem Praktikum und arbeiteten sich dann empor bis in eine Führungsposition. „In der Generation unserer Eltern war es ganz untypisch, das Unternehmen zu verlassen. Unserer Erfahrung nach hat sich auch das enorm verändert. Ich habe mir in meiner täglichen Arbeit viele Lebensläufe und LinkedIn-Profile angeschaut und in den letzten zehn Jahren habe ich bemerkt, dass Berufstätige häufiger – alle zwei, drei oder vier Jahre – das Unternehmen gewechselt haben.“
Das sogenannte Job Hopping ist in der heutigen Zeit also nichts Ungewöhnliches mehr. „Stillstand ist für viele ein starker Motivator. Wenn Arbeitnehmer*innen das Gefühl haben, dass ihnen der Job nichts Neues mehr bringt, wechseln sie, um wieder etwas dazuzulernen und um in einem neuen Umfeld zu arbeiten“, erklärt Daniela Mühlbacher.
Tipp 6:
Lass dich inspirieren – aber vergleiche dich nicht mit anderen
Ein weiterer Aspekt, der bei der Planung der Karriere und der Vorstellung von Erfolg im Beruf eine Rolle spielt, ist der Austausch mit anderen. Dieser passiert heute oft über Social Media. Auf LinkedIn, Instagram und Co. posten Menschen nicht nur tolle Urlaubsbilder, sondern auch Meilensteine wie ihren Studienabschluss, Praktikumszusagen oder Beförderungen.
„Es ist wichtig, sich mit anderen Menschen über Erfahrungen auszutauschen. So entdecken wir neue Perspektiven, stellen viele Fragen, die auch für die eigene Karriere besonders spannend sein können“, erzählt Daniela Mühlbacher. Aber: „Social Media macht es uns viel zu leicht, in einen ständigen Vergleich mit den Peers und Vorbildern zu fallen. Was wir nämlich oft vergessen: Auch wir selbst teilen überwiegend unsere Erfolge in der Öffentlichkeit. Die zwei Fails und 17 Umwege davor erwähnen wir aber eher selten.“
Bei all den Vergleichen ist es einfach, die eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Deshalb ist auch eine grundsätzliche Idee davon, wo du hinwillst, so wertvoll: So kannst du die ganzen Inputs, die von draußen auf dich einprasseln, mit deinen Zielen abgleichen. Und sie entweder beruhigt zur Seite schieben, da sie die Träume von jemand anderem sind, oder flexibel deine eigenen Ziele hinterfragen und anpassen.
Was der Generation Z im Job wichtig ist
56 % der Befragten möchten Karriere
machen. Wichtiger als der Aufstieg ist vielen aber Spaß im Job (74 %) oder
die Möglichkeit der Mitgestaltung, um etwas verändern zu können (61 %).
Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage in Bezug auf eine berufliche Tätigkeit zu? Angabe stimme voll und ganz zu/stimme eher zu
© Aus: Trendstudie des Zukunftsinstituts im Auftrag von Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf.
Die Lebensziele der Generation Z
Erfolg im Beruf zu haben, ist den Befragten wichtig. Noch entscheidender ist für sie jedoch, einen sinnvollen, erfüllenden Beruf zu haben, der eine gute Balance bietet, wo aber vor allem eine gute Atmosphäre herrscht.
© Aus: Jugendstudie „Junge Österreicher*innen“ (Simon Schnetzer) – ein Ausschnitt mit Fokus auf die TU Wien im Auftrag des TU Career Center