Wie macht man Karriere
in der Wissenschaft,

Prof. Weinberger?

In seinem früheren Leben war Chemie-Professor 
Peter Weinberger unter anderem Reiseleiter. Was er 
dabei für seine Uni-Karriere gelernt hat, welche Tipps 
er Studierenden mit auf den Weg gibt und was ein 
Laborbrand damit zu tun hat, liest du hier.  

„Mein Job ist für mich der denkbar schönste“, sagt Prof. Peter Weinberger. „Ich würde ihn nicht gegen eine Karriere in der Industrie tauschen wollen.“ Und das nicht nur, weil er lieber Lederhose als Anzug trägt und ungern schon in der Früh in Meetings sitzt. „Ich schätze es auch, ständig mit der Altersgruppe 18 bis 25 zu tun zu haben. Das hält jung.“ 
Dabei hätte auch alles anders kommen können. Denn fast hätte er sich für ein Archäologiestudium entschieden. Seine Leidenschaft für Pyramiden und Co. hat er dann aber doch lieber als Reiseleiter ausgelebt und dabei 100 Länder gesehen. „Deshalb habe ich auch 15 Semester gebraucht für den Diplom-Ingenieur.“ Bereut hat er das aber nie. Im Gegenteil. „Ich habe mir die Uni finanziert und viel gelernt, was mir heute nützt: von Didaktik über Moderation bis hin zu Social Skills.“

In seiner Karriere zurückgeworfen haben ihn daher auch nicht seine Reisen, sondern ein Laborbrand. „Er zerstörte ein Jahr Arbeit an meiner Dissertation. Drei Laden mit Literatursuche, mein Messgerät, die Hardcopys mit den Spektren – alles weg.“
Seine Diss hat Weinberger natürlich nachgeholt und 2010 habilitiert. Er baute eine Forschungsgruppe auf und startete wissenschaftlich durch. Heute kann er 
u. a. auf mehrere Patente und zig Publikationen blicken, ist Mitglied der „Science Busters“ und Leiter der Forschungsgruppe für Magneto- und Thermochemie. Ein Projekt zur thermochemischen Energie-Speicherung steht in den Startlöchern. 

„Karriere in der Wissenschaft funktioniert
nicht wie die Planung einer Schlafzimmereinrichtung. Es gibt viele Einflussfaktoren, auf die man oft keinen Einfluss hat. Für mich ist Karriere das Glück, das, was einem am meisten Spaß macht, auch im Job machen zu dürfen. Denn das, was man gern macht, macht man auch gut. Und wenn das andere dann auch bemerken, wird daraus Erfolg.“


Karriere gemacht!
Was rät er denn aber nun Studierenden, die eine Uni-Laufbahn anstreben? Hier Weinbergers Tipps, alle selbst „erprobt“.

Mach dich bemerkbar
„Voraussetzung für Erfolg ist, am oberen Rand der Leistungsträger unterwegs zu sein – in welcher Form auch immer. Es gilt, Engagement zu zeigen. Nicht nur in Studium und Wissenschaft, sondern auch für zusätzliche Dinge. So kannst du auf dich aufmerksam machen“, rät Weinberger. Er selbst hat z. B. einen Imagefilm für die TU produziert. Oder war beim TU-Neubau Lehartrakt für die Detailplanung der Labors mitverantwortlich. „Klar blieb da die eigentliche Arbeit auch mal liegen. Aber ich sah es als einmalige Chance. Und am Ende kannte mich jede*r Kolleg*in.“

Wisse, was du wirklich willst
Entwickle eine Vision für deine Karriere. „Wer in sich ein Hin und Her spürt, sollte sich besser umorientieren. Denn ganz entscheidend für eine Uni-Laufbahn ist, im Inneren gefestigt zu sein“, sagt Weinberger. „Nur dann ziehst du in schwierigen Situationen dein Ding durch und sagst nicht: Das ist es jetzt aber nicht wert.‘“ Damit einher gehen dann auch Geduld und das Vertrauen, dass es schon weitergehen wird.

Nimm Rückschläge gelassen und nutze die Zeit
„Für eine Karriere in der Wissenschaft braucht es Frustrationstoleranz. Man muss dranbleiben und Zeiten, in denen nichts läuft, nutzen“, so Weinberger. Nach dem Laborbrand besuchte er viele Vorlesungen in Theoretischer Chemie und machte seinen Segelschein. Und als das Labor wieder stand, begann er mit seiner Diss noch mal von vorne.

Nutze Chancen, die sich bieten
„Auch wenn Angebote manchmal nicht ideal erscheinen, hat man zumindest einen Fuß in der Tür“, so Weinberger. Ihm selbst bot sich gegen Ende der Diss die Möglichkeit einer Vertragsassistenz. 20 Stunden, befristet und keine Hoffnung auf Verlängerung. „Rational nicht perfekt. Doch mein Bauch sagte mir: Chance nutzen und vertrauen, dass es weitergeht.“ Und wenn es am Ende nicht aufgeht? „Dann hat man wichtige Erfahrungen gesammelt.“

Erkenne deine Vorteile
„Manchmal sind es nicht Skills, sondern andere Faktoren, die du anderen voraushast“, weiß der Prof. Es wird z. B. Zeiten geben, in denen du aufgrund deiner persönlichen oder finanziellen Situation freier agieren kannst als andere. Er selbst konnte sich – im Gegensatz zu vielen Gleichaltrigen – seine prekäre Vertragsassistentenzeit „leisten“, weil er damals keine Familie zu versorgen hatte, sondern vom Partner unterstützt wurde.

Setz nicht alles auf eine Karte
„Nicht zu früh spezialisieren. Am besten steht man auf mehreren Beinen“, so Weinberger. „Ich habe mit Magneto- und Thermochemie zwei Themen. Eines boomt immer. So ist man resilienter gegen Trends und Krisen.“ Das hat er nicht erst in der Wissenschaft gelernt. Denn wenn er als Reiseleiter neben Ägypten nicht noch andere Länder im Programm gehabt hätte, wäre er arbeitslos gewesen, als es dort zu Terroranschlägen kam.

Mach dir nicht so viel Druck
„Keep a low profile. Unrealistische Erwartungen machen nur unglücklich“, warnt Weinberger. Leg dir deine Latten also nicht zu hoch – mit Benchmarks wie so und so vielen Publikationen pro Jahr oder eingeworbenen Drittmitteln. „Ich bezweifle, dass solche Kenngrößen etwas darüber aussagen, ob du ein*e gute*r Wissenschaftler*in, ein*e gute*r Lehrer*in bist. Ich selbst segle auch nur im Mittelfeld. Es ist aber auch nicht mein Ehrgeiz. Ich will das, was ich mache, gern machen. Denn was man gern macht, macht man gut. Und das wird bemerkt.“

Peter Weinberger ist für anorganische Chemie 
habilitiert, Associate Professor für anorganische Chemie an der TU Wien und Leiter der Forschungsgruppe für Magneto- und Thermochemie am Institut für Angewandte Synthesechemie. Außerdem ist er seit 2017 Mitglied der „Science Busters“-Familie, die mit ihren Wissenschaftskabarett-Shows in Theatern im gesamten deutschsprachigen Raum gastiert und fürs Fernsehen (ORF1 und 3Sat) seit 2011 mehr als 
100 Sendungen aufgezeichnet hat.

Text Barbara Gärtner
Fotos ORF_Hubert Mican, Ingo Pertramer