Why TU
Der eine hat gerade erst mit seinem Bachelor-
studium begonnen. Der andere ist seit Ende
Februar mit dem Doktorat fertig. Hier berichten Adam Lis und Martin Krammer, warum sie sich für die TU Wien entschieden haben und warum sie es wieder tun würden.
Interview Barbara Gärtner, Daniela Schuster
Fotos Daniela Schuster
Foto TU Gebäude: Matthias Heisler
Adam Lis, 29
… studiert Bauingenieurwesen im
Bachelor, nachdem er in Polen bereits
ein Architekturstudium abgeschlossen
hat. Er arbeitet zudem Vollzeit in einer
Bank, um sich das Studium zu finanzieren.
Warum hast du dich für dein Studienfach entschieden?
Ich habe in Krakau bereits ein Architekturstudium abgeschlossen. Im Rahmen dieses Studiums war ich 2017 als Erasmus-Student in Graz und habe Österreich schätzen gelernt. Als ich während eines weiteren Erasmus-Semesters in Hamburg strandete – Stichwort: Corona –, konnte ich zunächst nicht nach Polen zurück. Die Grenzen waren dicht. Doch in Hamburg konnte ich auch nicht bleiben. Es war zum Beispiel sehr schwierig, eine Wohnung zu mieten. Also ging ich nach Wien – die geografische Lage war gut, die Bürokratie einfacher –, um hier meine Masterarbeit zu schreiben und so mein Studium in Polen abzuschließen. Danach bin ich hiergeblieben und habe unter anderem in einem Architekturbüro gearbeitet. Inzwischen bin ich in einer Bank im Bereich Digitalisierung von Facility-Management-Projekten tätig. Dabei habe ich noch einmal gesehen, dass mich statische Berechnungen und Bauphysik (für weitere nachhaltige Entwicklung) sehr interessieren. In Polen hatte ich schon mal ein paar Semester Bauingenieurwesen studiert. Jetzt möchte ich hier in Wien den Bachelor machen. Ein paar Lehrveranstaltungen konnte ich mir anerkennen lassen. Ganz bei null fange ich also nicht an.
Neben den Möglichkeiten der Anerkennung: Was sind für dich noch Pluspunkte der TU Wien?
Ich arbeite Vollzeit. Daher ist für mich die Flexibilität bei der Lehrplangestaltung sehr wichtig. Und dass man, falls nötig, auch länger studieren darf als die Regelstudienzeit, ohne rausgeworfen zu werden oder viel Geld zahlen zu müssen. Das ist nicht in allen Ländern so.
Du hast erst kürzlich mit dem Studium an der TU Wien angefangen. Gibt es dennoch schon Highlights?
Über das Studium selbst kann ich noch nicht so viel sagen. Aber ich finde das breite Angebot an Beratungsstellen und Hilfsangeboten an der TU großartig. Vom TU Career Center über die Psychosoziale Studierendenberatung bis hin zu den Fachschaften – man bekommt überall die Infos, die man braucht. Das TUCC hat mir zum Beispiel geholfen, als ich letztes Jahr einen Job suchte, um Fragen zu Bewerbungsprozessen in Österreich zu klären, die zum Teil anders laufen als in anderen Ländern. Ich habe auch einen CV-Check gemacht und gelernt, wie ich mich besser präsentieren kann.
Studienanfänger bist du ja genau genommen dennoch keiner, du hast ja bereits einen Abschluss. Was rätst du echten Rookies?
Zum einen, schon im Vorfeld die Orientierungsangebote anzunehmen, um sich Klarheit über das Studium und die eigenen Ziele zu verschaffen. Wenn man dann feststellt, dass es nicht passt, sollte man den Mut haben zu wechseln. Zum anderen: Macht die Prüfungen, auch wenn ihr vielleicht nicht ganz optimal vorbereitet seid. Dann weiß man für das nächste Mal, was auf einen zukommt, und hat weniger Angst. Das Partyleben sollte man sich auch für später aufheben, finde ich. Das erste Semester sollte man als ernsten Probelauf nutzen, in dem man lernt, wie lange es zum Beispiel dauert, sich auf eine Prüfung vorzubereiten oder eine Arbeit zu schreiben. Das ist ja individuell sehr verschieden und nur durch Ausprobieren kann man seine eigene Zeitplanung herausfinden. Und noch was: Wer aus dem Ausland kommt und sich Vorleistungen aus der Heimat anerkennen lassen will, muss das in den ersten zwei Semestern machen. Auf der TU-Webseite gibt es Formulare, im Dekanat Hilfe.
Stichwort „neu in Wien“ – wie findet man Freund*innen an der TU?
Das wüsste ich auch gern. Ich bin vielleicht jobbedingt zu selten an der Uni. Aber ich habe eine coole, sehr diverse WG, da lerne ich immer wieder neue spannende Leute kennen. Und es gibt auch WhatsApp-Gruppen der Fachschaften, über die man schon vor Studienbeginn netzwerken kann.
Hat du Lieblingsplätze an der TU oder im Grätzel drumherum?
Die Fachschaften sind ein netter Treffpunkt, dort kann man auch Prüfungsfragen einsehen. Aber ansonsten bin ich für Grätzeltipps wohl zu wenig oft hier. Ich streune jedoch gern durch Wien und entdecke immer neue Ecken. Das Angebot ist riesig und vieles kostet nicht mal etwas – wie das Schwimmen in der Alten Donau, der Besuch vieler Ausstellungen, Vernissagen und Open-Air-Kinos, ein Spaziergang durch die Weinberge von Nussdorf oder die Besichtigung des städtebaulich interessanten Gemeindebaus Karl-Marx-Hofs in Heiligenstadt.
Klingt, als bereust du es nicht, in Wien und an der TU gelandet zu sein …?
Vielleicht wäre ich ohne Corona wieder zurück in Polen. Obwohl Wien immer eine Stadt war und ist, in der ich leben wollte. Was mir noch fehlt, ist eine Initiative oder Bewegung, der ich mich anschließen und für die ich mich engagieren möchte. Vielleicht gründe ich an der Uni ja selbst etwas – im Bereich Nachhaltigkeit und/oder Gleichstellung.
Was hast du nach dem Studienabschluss vor?
Abschließen werde ich das Studium in jedem Fall. Die Frage ist nur, wann. Danach beginne ich vielleicht noch ein Kunststudium. Ein großes Ziel wäre aber auch ein eigenes Ziviltechniker-Büro.
Martin Krammer, 28
… studierte Technische Physik im Bachelor und „Physikalische Energie- und Messtechnik“ im Master, sein Doktorat hat er in Technischer Chemie gemacht. Seit März 2023 arbeitet er beim AIT (Austrian Institute of Technology) in der Kompetenz-Unit „Battery Technologies“.
Inzwischen hast du einen Doktortitel. Warum hast du dich vor neun Jahren für ein Studium an der TU Wien entschieden?
Ich habe mich schon immer für Technik und Naturwissenschaften begeistert. In der Schule habe ich auch großes Interesse am Thema Klimawandel und CO2-neutrale Energie entwickelt – auch weil ich mit Johannes Stangl, der Fridays for Future in Wien mitbegründete, in die Oberstufe ging. Zudem hatte ich eine tolle Physiklehrerin. Für mich stand daher fest, dass ich Physik studieren will. Kurz hatte ich überlegt, mich an der Montanuniversität in Leoben für „Industrielle Energietechnik“ einzuschreiben. Während meines Präsenzdienstes habe ich dann aber das Curriculum von Leoben – sehr anwendungsorientiert – und der TU Wien – grundlagenorientiert – studiert. Und mir war schnell klar: Ich möchte die Grundlagen erwerben, mir viele Richtungen offenhalten und mein analytisches Denken trainieren, bevor ich mich spezialisiere. Also habe ich mich für Wien und Technische Physik entschieden und es nie bereut.
Du hast dann den Master draufgesetzt …
An der TU war das Angebot mit vier Masterstudiengängen super. Ich habe dann – anders als viele aus meiner Lerngruppe – nicht mit Technischer Physik weitergemacht, sondern mich auf „Physikalische Energie- & Messtechnik“ spezialisiert. Ich wollte etwas studieren, was ich mir auch als Berufsfeld vorstellen konnte, und Fächer belegen, die ich dafür brauche.
War das folgende Doktorat immer der Plan?
Nein. Im Rahmen einer Projektarbeit, die dann in eine Masterarbeit beim selben Professor mündete, habe ich einfach gesehen, wie viel Freude mir das aktive Forschen macht. Im Doktorat Technische Chemie beschäftigte ich mich dann u. a. mit Hochtemperatur-Elektrolysezellen. So bin ich im Feld der Elektrochemie und schließlich bei Batterien gelandet – ein Feld, in dem ich heute arbeite.
Welche Rolle hat das TU Career Center für deinen Erfolgsweg gespielt?
Ich habe die Messen besucht, aber nie an einem TUCC-Programm teilgenommen. Es gibt leider nicht so viele Firmen, die gezielt nach Physik-Absolvent*innen suchen. Als ich im September 2022 – zum Ende des Doktorats – aber eine interessante Stellenausschreibung vom AIT sah und mir ein Ex-Kommilitone außerdem von spannenden Forschungsthemen dort berichtete, habe ich mir beim TUCC Unterstützung für den Bewerbungsprozess geholt. Neben einem CV-Check habe ich z. B. Probe-Bewerbungsinterviews gemacht, um zu lernen, wie man am besten auf bestimmte Fragen reagiert. Das war sehr hilfreich. Drei Tage nach dem Abschluss des Doktorats fing ich jedenfalls am AIT an.
Gratulation, jetzt forscht du am AIT an Lithium-Batterien. Eine wissenschaftliche Karriere an der TU Wien kam nicht infrage?
Ich habe das für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Aber an der Uni gibt es – zumindest anfangs – nur befristete Verträge. Am AIT habe ich eine gute Chance auf eine unbefristete Stelle. Zudem schätze ich es sehr, dass ich jetzt sowohl Grundlagen- als auch viel angewandte Forschung betreibe, auf einem Gebiet, das mich seit meiner Schulzeit interessiert. Das AIT ist zudem sehr international, in meinem Team sind von neun Mitgliedern nur zwei aus Österreich.
Gibt es etwas, was du aus heutiger Sicht anders machen würdest, und hast du Tipps für Studienanfänger*innen? Du warst ja auch mal Tutor für Labor-Übungen …
Jetzt bin ich genau dort, wo ich hinwollte. Von daher passt mein Weg für mich perfekt, der mir auch viel Freude gemacht hat. Gerade am Anfang war es aber hart. Ich kann aus Erfahrung nur sagen: Durchhalten lohnt sich, es wird besser. In anderen Studienrichtungen gibt es vielleicht Aufnahmeprüfungen oder Eingangsvoraussetzungen, hier ist das erste Semester die Prüfung und man hat immerhin die Chance, es zu probieren und zu schaffen.
Was hilft beim Durchhalten?
Das familiäre Umfeld in den Lerngruppen. Am besten spricht man die Leute nach der Vorlesung einfach an und bleibt gemeinsam an der Uni. In den Gruppen kann man dann alles fragen, unterstützt sich, erarbeitet und rechnet Aufgaben zusammen – auch wenn man sich (noch) nicht gut kennt. Auch ein Besuch der Fachschaft oder des Online-Forums „forum.technische-physik.at“ ist empfehlenswert, dort findet man z. B. Prüfungssammlungen und Übungsbeispiele. Ansonsten darf man sich auch mal ablenken, beim Sport neue Kraft tanken. Für Angebote wie das Team TU Robots hatte ich aber leider nie Zeit.
Hattest du während des Studiums Lieblingsplätze rund um die TU?
Ich saß mit Kommiliton*innen immer gern im Resslpark. Neben dem Freihaus gibt es mit dem Bánh Mì einen tollen Vietnamesen. Abends fand ich Treffen im Irish Pub Laurel Leaf nett. Auf einem Fachschaftsfest war ich nie, obwohl das sicher auch toll ist, um Leute kennenzulernen. Heute lebe ich in Niederösterreich. Während des Studiums wohnte ich aber in einer Wiener WG. Das kann ich Rookies nur empfehlen, um ins Uni-Leben reinzukommen.